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PARODONTITIS

Zahnfleischentzündung und Knochenabbau

Parodontitis – umgangssprachlich „Parodontose“ genannt – ist eine chronische Entzündung des Zahnhalteapparates. Sie betrifft Zahnfleisch, Fasern und insbesondere den Kieferknochen, der die Zähne trägt. Unbehandelt führt sie zu Zahnfleischrückgang, Zahnlockerung und schließlich Zahnverlust.

Parodontitis ist eine der weltweit häufigsten chronischen Erkrankungen. Sie entsteht schleichend, meist ohne Schmerzen, und wird deshalb oft erst spät erkannt – obwohl frühzeitige Behandlung entscheidend für die langfristige Zahnerhaltung ist.


Was verursacht Parodontitis?

Parodontitis entsteht durch ein komplexes Zusammenspiel aus:


1. Bakteriellem Biofilm (Plaque)

Eine unkontrollierte bakterielle Besiedelung löst eine entzündliche Reaktion des Körpers aus.


2. Überreaktion des Immunsystems

Der Körper reagiert auf die Bakterien – diese immunologische Antwort führt letztlich zum Knochenabbau.


3. Individuellen Risikofaktoren
  • unzureichende Mundhygiene

  • genetische Prädisposition

  • Rauchen (stärkster externer Risikofaktor)

  • Diabetes mellitus

  • Stress

  • hormonelle Faktoren

  • Mundatmung / trockene Schleimhäute


Wie äußert sich Parodontitis?

Parodontitis beginnt meist mit einer Gingivitis (Zahnfleischentzündung).Warnsignale:

  • Zahnfleischbluten

  • Rötung, Schwellung

  • Mundgeruch

  • „längere“ Zähne (Zahnfleischrückgang)

  • empfindliche Zahnhälse

  • Zahnlockerung oder Wanderung

  • Abszesse / wiederkehrende Schwellungen

In vielen Fällen jedoch: lange Zeit keine Schmerzen, trotz fortschreitendem Schaden.


Was passiert im Verlauf der Erkrankung?
  1. Bakterien dringen in den Zahnfleischrand ein

  2. Körper reagiert mit Entzündung

  3. Der Zahnhalteapparat wird zerstört

  4. Kieferknochen baut sich ab

  5. Zähne verlieren Halt und lockern sich

  6. Unbehandelt: Zahnverlust

Parodontitis ist chronisch, aber behandelbar – und ihr Fortschreiten lässt sich stoppen.


Wie wird Parodontitis diagnostiziert?

In unserer Praxis erfolgt eine systematische Untersuchung:

  • Messung der Sondierungstiefen

  • Analyse von Blutungsneigung (BOP)

  • Prüfung von Lockerungsgrad

  • Röntgenanalyse (Knochenabbaumuster)

  • Untersuchung der anatomischen Verhältnisse

  • Risikoprofil nach modernen Leitlinien


Moderne Parodontitis-Therapie

Die Behandlung folgt einem strukturierten, evidenzbasierten Konzept:


1. Antiinfektiöse Therapie (Cause-Related Therapy)
  • Entfernung aller bakteriellen Beläge

  • Tiefenreinigung unterhalb des Zahnfleischsaumes (subgingival)

  • Optimierung der Mundhygiene

  • Aufklärung über Risikofaktoren (z. B. Rauchen)


2. Reevaluation

Nach 6–12 Wochen wird geprüft, ob die Entzündung abgeklungen ist und wie sich die Sondierungstiefen verändert haben.


3. Chirurgische Therapie (falls notwendig)

Bei tiefen, komplexen Defekten kann nötig sein:

  • Zugangschirurgie

  • regenerative Maßnahmen (Schmelzmatrixprotein, Membranen, Knochenersatzmaterial)

  • Korrektur von Taschen, anatomischen Nischen und Defekten


4. Langzeitstabilisierung (Unterstützende Parodontaltherapie)

Entscheidend für den Erfolg:

  • Recall alle 3–6 Monate

  • Kontrolle der häuslichen Mundhygiene

  • professionelle Reinigung

  • Risikomanagement (Diabetes, Rauchen, Stress)

Ohne diese Phase müsste die Erkrankung als nicht erfolgreich behandelt gelten.


Wissenschaftlich belegte Fakten zur Parodontitis

Die zentralen Mechanismen der Parodontitis sind gut erforscht:

Parodontitis wird durch einen dysbiotischen Biofilm in Kombination mit einer übersteigerten Immunantwort verursacht. Hajishengallis et al. zeigen, dass nicht die Bakterien allein, sondern eine fehlregulierte Wirtsantwort den Knochenabbau antreibt.¹


Rauchen erhöht das Risiko einer Parodontitis um das 2- bis 7-fache, verschlechtert die Durchblutung des Gewebes und reduziert die Heilungschancen nach Therapie.²

Diabetes mellitus ist streng mit Parodontitis verknüpft: Schlechter eingestellter Blutzucker potenziert den Knochenabbau und erschwert die Behandlung.³

Studien belegen, dass regelmäßige unterstützende Parodontaltherapie (SPT) die wichtigste Maßnahme zur Verhinderung von Zahnverlust ist. Patienten ohne SPT verlieren signifikant häufiger Zähne – unabhängig davon, wie gut die initiale Therapie war.⁴


Regenerative Maßnahmen wie Schmelzmatrixproteine (EMD) oder membrangestützte Knochenregeneration zeigen nachweislich bessere Wiederherstellung von parodontalen Defekten als reine Reinigungstechniken.⁵


Häufige Fragen (FAQ) zur Parodontitis

Ist Parodontitis heilbar?

Die Erkrankung ist chronisch – aber wir können sie stoppen und stabilisieren. Entscheidend ist regelmäßige Nachsorge.

Warum blutet mein Zahnfleisch?

Zahnfleischbluten ist eines der frühesten Zeichen einer Entzündung und sollte niemals ignoriert werden.

Muss Parodontitis weh tun?

Nein. Sie verläuft meist schmerzlos, bis weit fortgeschrittene Schäden auftreten.

Kann Parodontitis Herz- oder Allgemeinerkrankungen beeinflussen?

Ja. Es gibt klare Zusammenhänge zwischen Parodontitis und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Frühgeburten und systemischen Entzündungen.

Kann Zahnfleisch wieder nachwachsen?

Entzündung kann gestoppt werden – verloren gegangenes Gewebe lässt sich jedoch nur teilweise regenerieren (je nach Defektform).


Quellen

  1. Hajishengallis G. Periodontitis: from microbial immune subversion to systemic inflammation. Nat Rev Immunol. 2012. PMID: 22193206.

  2. Bergström J. Tobacco smoking and risk for periodontal disease. J Clin Periodontol. 2003. PMID: 12834507.

  3. Löe H. Periodontal disease: the sixth complication of diabetes mellitus. Diabetes Care. 1993. PMID: 8372688.

  4. Axelsson P, Lindhe J. The significance of maintenance care in the treatment of periodontal disease. J Clin Periodontol. 1981. PMID: 6947991.

  5. Sculean A et al. Regenerative periodontal therapy with enamel matrix derivative. Periodontol 2000. 2015. PMID: 25867980.

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