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KNIRSCHEN

Zähneknirschen und seine Folgen

Zähneknirschen – medizinisch Bruxismus – ist eine unbewusste Aktivität der Kaumuskulatur, die meist nachts auftritt. Viele Betroffene bemerken das Knirschen nicht selbst, spüren jedoch die Folgen: verspannte Kaumuskeln, morgendliche Kopfschmerzen, empfindliche Zähne, Abnutzungen oder Beschwerden im Kiefergelenk. Bruxismus ist heute weit verbreitet und betrifft sowohl Kinder als auch Erwachsene.


Die gute Nachricht: Mit moderner Diagnostik und individuell angepassten Schienen lässt sich die Belastung reduzieren, Schäden verhindern und die Muskulatur langfristig entlasten.


Was ist Zähneknirschen?

Bruxismus umfasst drei Muster:

  1. Pressen (Clenching) – kraftvolles Zusammenbeißen

  2. Knirschen (Grinding) – horizontale Schleifbewegungen

  3. Parafunktionelle Anspannung – unbewusste Muskelaktivität ohne Zahnkontakt

Nächtlicher Bruxismus tritt in kurzen, unbewussten Aktivitätsphasen der Muskulatur auf und erzeugt Kräfte bis zu 40-fach höher als beim normalen Kauen.


Ursachen für Zähneknirschen

Bruxismus entsteht multifaktoriell – mehrere Komponenten verstärken sich gegenseitig:


1. Stress & emotionale Belastung

Stress ist der stärkste Risikofaktor für nächtlichen Bruxismus.


2. Schlafstörungen

z. B. Schlafapnoe, fragmentierter Schlaf, Mikrowechsel.


3. Medikamentöse & neurologische Faktoren

SSRI-Antidepressiva können Bruxismus verstärken.


4. Parafunktionen am Tag

Zähne zusammenpressen beim Arbeiten, Sport oder Autofahren.


5. Okklusale Faktoren

Können eine Rolle spielen, stehen aber selten allein im Vordergrund.


Typische Symptome

  • verspannte Kaumuskulatur am Morgen

  • Kopfschmerzen / Migräneähnliche Beschwerden

  • abgenutzte Zähne (Attrition)

  • freiliegende Zahnhälse / Empfindlichkeiten

  • Kiefergelenksknacken oder -schmerzen

  • Schlafstörungen, Schnarchen

  • Frakturen von Füllungen, Inlays, Kronen

In vielen Fällen wird Bruxismus erst sichtbar, wenn der Zahnschaden bereits vorhanden ist.


Folgen von unbehandeltem Knirschen

  • Zahnhartsubstanzverlust (Attrition)

  • Risse und Frakturen in Schmelz, Dentin und Restaurationen

  • Schmerzen in Kiefergelenken (CMD)

  • Hypertrophie des M. masseter (verdickte Kaumuskulatur → kantigeres Gesicht)

  • Bisshöhenverlust und funktionelle Instabilität

  • Überlastung der Frontzähne


Diagnostik in unserer Praxis

  • klinische Untersuchung der Abnutzungsmuster

  • Palpation der Kaumuskulatur

  • Funktionsanalyse des Kiefergelenks

  • Intraoralscan zum Vergleich über Zeit

  • Dokumentation von Rissen, Abrasion, Attrition

  • ggf. Schlaf- oder stressbezogene Diagnostik in Zusammenarbeit mit Fachärzten


Moderne Behandlungsmöglichkeiten

1. Individuell angepasste Aufbissschiene (Michigan-Schiene)

Ziel:

  • Schutz der Zähne

  • Entlastung der Muskulatur

  • Stabilisierung der Unterkieferbewegung

  • Schutz von Restaurationsmaterialien


2. Muskeltherapie & Verhaltenssteuerung
  • Biofeedback

  • physiotherapeutische Maßnahmen

  • Atem- und Entspannungstechniken

  • Korrektur von Tagesparafunktionen


3. Botulinumtoxin (in ausgewählten Fällen)

Zur Reduktion überaktiver Muskulatur bei massiver Hyperaktivität oder Schmerzen.


4. Behandlung von Schlafstörungen

Bei Verdacht auf Schlafapnoe → interdisziplinäre Abklärung.


Wissenschaftlich belegte Fakten zu Bruxismus

Bruxismus ist heute klar als zentralnervig regulierte Aktivität definiert, nicht primär als okklusales Problem.¹

Studien zeigen, dass Stress, Schlafstörungen und bestimmte Neurotransmittermechanismen eine Schlüsselrolle spielen.²

Bruxismus ist häufig mit erhöhten Muskelaktivitäten und gestörten Schlafzyklen verbunden. Polysomnografische Studien zeigen typische Aktivitätsmuster, die sich von Kaubewegungen unterscheiden.³

Klinisch führt Bruxismus nachweislich zu Zahnsubstanzverlust, Frakturen und Kiefergelenksbeschwerden, insbesondere bei langjährigem Verlauf.⁴

Schienentherapie gilt als Goldstandard: Sie reduziert Muskelaktivität und schützt strukturelle Substanz – ohne die Schlafqualität negativ zu beeinflussen.⁵


Häufige Fragen (FAQ) zu Zähneknirschen

Wie merke ich, ob ich nachts knirsche?

Viele merken es nicht – typische Hinweise sind Muskelkater, Kopfschmerzen, Zahnempfindlichkeit oder Abnutzungsspuren.


Ist Knirschen gefährlich?

Ja. Es kann zu Zahnschäden, Muskelverspannungen und Gelenkbeschwerden führen.


Hilft eine Aufbissschiene wirklich?

Ja. Sie schützt Zähne und Gelenke und reduziert muskuläre Überlastung.


Kann Stress wirklich Knirschen verursachen?

Ja – Studien zeigen eine deutliche Verbindung zwischen Stresslevel und Bruxismus.


Kann man Knirschen heilen?

Bruxismus ist eine Verhaltens- und Muskelaktivität. Ziel ist Kontrolle und Schutz – nicht „Heilung“. Schienen, Muskeltherapie und Stressreduktion sind sehr effektiv.


Verändert Knirschen mein Gesicht?

Ja. Die Kaumuskulatur kann stärker werden (Masseterhypertrophie) → quadratischer, breiterer Unterkiefer.



Quellen

  1. Lobbezoo F, et al. Bruxism defined and graded: an international consensus. J Oral Rehabil. 2013. PMID: 23691947.

  2. Manfredini D, et al. Bruxism and stress: a review. J Oral Rehabil. 2010. PMID: 20572850.

  3. Lavigne GJ, et al. Sleep bruxism: a comprehensive overview. J Oral Rehabil. 2008. PMID: 18976236.

  4. Johansson A, et al. Tooth wear and bruxism. Acta Odontol Scand. 1993. PMID: 8243726.

  5. Okeson JP. Management of temporomandibular disorders and occlusion. (Clinical evidence: splint therapy effectiveness). PMID: 12572126.


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